Wie kaufe ich nachhaltig Lebensmittel ein?

30. März 2022 | von Evelyn Markoni
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Im ersten Berner FoodTalk vom 30. März 2022 haben mehr als vierzig Berner*innen im Impact Hub Bern über eine umwelt- und sozialverträgliche Landwirtschaft, einen nachhaltigen Fleischkonsum, sowie die Verantwortung von uns Konsument*innen diskutiert. Folgende vier Expert*innen beantworteten die Fragen aus dem Publikum:

Worauf sollten wir achten, wenn wir unseren Einkaufskorb füllen?
Manchmal ist es einfach, eine nachhaltige Wahl zu treffen: Beispielsweise müssen wir unseren Konsum tierischer Produkte reduzieren und mehr pflanzliche Lebensmittel konsumieren. Zudem sollten wir darauf achten, dass generell weniger Lebensmittel in der Mülltonne landen. Oftmals sind diese alltäglichen Entscheidungen bei der Ernährung jedoch komplexer. So haben wir uns im ersten Berner FoodTalk unter anderem die Frage gestellt: Sind biologisch produzierte Äpfel aus Neuseeland oder IP-Suisse-Äpfel aus der Region Bern nachhaltiger?

Meistens denken wir bei einer nachhaltigen Ernährung an Regionalität, obwohl der Transport aus Umweltsicht selten den grössten Hebel ausmacht. Wichtig ist, wie Lebensmittel produziert werden. Es braucht somit eine Produktion, die zu unseren natürlichen Ressourcen in der Schweiz passt. Neuseeländische Äpfel können je nach Jahreszeit also durchaus die bessere Ökobilanz aufweisen als ihre Schweizer Pendants. Allerdings sollten wir uns fragen, ob wir ausserhalb der Saison die Äpfel nicht eher in getrockneter oder verarbeiteter Form (Apfelringe oder -mus) statt frisch konsumieren möchten oder ganz verzichten und uns wieder mehr auf saisonale Lebensmittel freuen, die hier umweltschonend produziert wurden – dies wäre am besten für Umwelt und Klima.

Die soziale Nachhaltigkeit
Auch in der Schweiz sind tiefe Löhne, prekäre Arbeitsbedingungen und fehlende Gleichberechtigung auf landwirtschaftlichen Betrieben vorzufinden. Wie weiss ich als Konsument*in, wie beispielsweise mit Arbeiter*innen auf dem Feld umgegangen wird? 

Hierfür braucht es dringend mehr Offenheit, Transparenz und einen Austausch zwischen Produzent*innen und uns städtischen Konsument*innen. Wichtig sind zudem Organisationen wie beispielsweise «No Cap» in Italien, die sich gegen Ausbeutung auf landwirtschaftlichen Betrieben engagieren. Auch sollten wir uns bewusst sein, dass Lebensmittel eher günstig sind und Bäuerinnen und Bauern so oftmals unter einem starkem Preisdruck stehen. Dies kann dazu führen, dass sie teilweise tiefe Löhne zahlen. Auf der anderen Seite gibt es in der Schweiz Konsument*innen, die wenig verdienen und sich eine nachhaltige und gesunde Ernährung kaum leisten können. Neben Tafeln und anderen Angeboten benötigen wir dringend neue Konzepte, wie beispielsweise Solidaritätspreise auf Lebensmittelmärkten. Politische Rahmenbedingungen, die neben den ökologischen auch die sozialen Aspekte einbeziehen, sind folglich unabdingbar.

Wie ernähren wir uns zukünftig?
Wie werden wir uns im Jahr 2050 ernähren, wenn es immer mehr Menschen, aber nicht mehr Produktionsfläche auf der Erde geben wird? Welches Fleisch sollen wir überhaupt noch essen? Je nach Studie kommen wir hier zu anderen Ergebnissen. Sicher ist jedoch, dass eine intensive Tierproduktion, unterstützt mit Kraftfutter, aus ökologischer Sicht unhaltbar ist. Wiederkäuer, wie Kühe, gehören in den meisten Schweizer Biobetrieben aber zum System. So können Grasland oder Randgebiete, in denen kein Ackerbau betrieben werden kann, sinnvoll genutzt werden. In der Schweiz wäre Rindfleisch somit nachhaltiger als Geflügel – jedoch nicht in der Menge, in der wir es heute produzieren und konsumieren.

Können wir uns völlig ohne tierische Produkte ernähren und unseren Körper dennoch mit für die Gesundheit wichtigen Nährstoffen versorgen?  Auch aus ernährungswissenschaftlicher Sicht benötigen wir sinnvolle und nachhaltige Lösungen. Eine Alternative zu Fleisch stellen Hülsenfrüchte dar, die vermehrt in der Schweiz umweltfreundlich produziert werden sollten. Hierfür müssen passende Strukturen geschaffen und Wissen vermittelt werden. Auch ein stärkerer Innovationsgeist in der Landwirtschaft ist gefragt.

Genuss- und verantwortungsvoll essen
Ein Wandel unserer Essgewohnheiten braucht Zeit. Gerade deshalb sollten wir uns vermehrt darüber informieren, wie ein Produkt hergestellt wurde. Wurden die Äpfel mit chemisch-synthetischen Pestiziden behandelt? Welchen Stundenlohn erhalten die Bäuerinnen, Bauern und deren Mitarbeitende auf dem Feld? Was wäre ein fairer Preis? Zur Beantwortung all dieser Fragen können wir uns beispielsweise an Labels orientieren, gleichzeitig sind verbesserte systematische und transparente Berechnungen vonnöten. Ebenfalls sollten wir den direkten Kontakt mit Bäuerinnen und Bauern suchen.

Bei all den Fragen dürfen wir den Genuss nicht vergessen… zum Glück passt dieser oftmals zu einer nachhaltigen Kaufentscheidung: Schmeckt der frisch geerntete, saisonale Bio-Apfel aus der Schweiz nicht doch am besten?


Der FoodTalk wird gemeinsam organisiert von Crowd Container, Bärenhunger, BENE – Verein für Nachhaltige Entwicklung an den Universität Bern, dem Ernährungsforum Bern und der BFH-HAFL – Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften.


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Evelyn Markoni

Evelyn forscht und lehrt als Soziologin an der BFH-HAFL zur sozialen Nachhaltigkeit in Ernährungssystemen. Zudem engagiert sie sich im Vorstand des Ernährungsforum Bern und als Botschafterin bei Bärenhunger.

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