«Auf dem Feld kommt es nicht auf deine Muskelkraft an»

03. August 2023 | von Simone Häberli
Bio-Produzentin Elena aus Sizilien

Die junge Produzentin Elena Cassisi aus Sizilien steht für eine neue Generation Landwirtschaft und strahlt in dieser Männderdomäne viel Kraft und Entschlossenheit aus, die uns einfach nur beeindruckt. Wir freuen uns, dürfen wir diese inspirierende junge Frau seit diesem Jahr auch zu unserem Netzwerk an Produzent*innen von Valdibella zählen. Diesen Sommer hat uns Elena Cassisi persönlich in der Schweiz besucht und uns von ihrer Arbeit, ihren Herausforderungen und ihrer Rolle als Frau in der Landwirtschaft erzählt.

«Ich fühle mich vollständig bei meiner Arbeit»

Elena Cassisi hat bereits sehr jung gewusst, welchen Weg sie gehen möchte: Vor drei Jahren – Elena war damals erst 23 Jahre alt – hat sie mit Hilfe ihrer Familie einen verlassenen Bauernhof im Südosten von Sizilien übernommen und auf biologische Bewirtschaftung umgestellt. Heute ist die 27-jährige Sizilianerin froh über ihren damaligen Entscheid, nach einigen Jahren im Ausland, in ihre Heimat Sizilien zurückzukehren. In Mazzarrone, in einer hügeligen Gegend in der Provinz Catania, hat sie heute ihren Hof «Amardìa» eröffnet. Ihr Betrieb ist nicht nur ein himmlischer Naturort, sondern auch ein tägliches Lernfeld für eine zukunftsfähige, neue Art der Landwirtschaft. Manchmal fühlt sie sich allein und klein auf ihrem 6 Hektar grossen Land, aber gleichzeitig sieht Elena auch jeden Tag, wie die Natur und ihre Wunder funktionieren, von denen sie jeden Tag nur lernen kann. «Ich fühle mich vollständig, wenn ich diesen Job mache», so die junge und unkonventionelle Frau im Gespräch mit uns in Zürich.

Auf dem 6 Hektaren grossen, hügeligen Land wachsen heute Elenas Tafeltrauben, umgeben von einem jahrhundertealten Olivenhain. Die Kultur war über mehrere Jahre vernachlässigt worden und Elena musste sie zuerst wieder pflegen, Stauden zurückschneiden und viel Kompost in den Boden reinbringen. Es war ein aufregender, nicht einfacher Start in einem Umfeld stark industrialisierter Landwirtschaft mit Wasserknappheit, extrem langen Hitzeperioden im Sommer und dadurch auch vielen Schädlingen. Seither lernt Elena Jahr für Jahr dazu und diversifiziert ihren Anbau – vor kurzem hat sie Pfirsich- und Orangenbäume gepflanzt. Bereits beobachtet sie eine Zunahme der Artenvielfalt und eine Verbesserung der Bodenstruktur.

Mischkultur statt Monokultur: Heute wachsen neben Trauben auch Orangen, Oliven und Pfirsiche auf Elenas Land.

Als Frau in einer männerdominierten Landwirtschaft

Nur ein Bruchteil der landwirtschaftlichen Betriebe wird heute von Frauen geführt. Elena merkte schnell, dass die üblichen Maschinen und Werkzeuge für Männer ausgelegt wurden und nicht sehr geschlechterfreundlich zu bedienen sind. «Aber in der Natur geht es nicht um Muskelkraft, sondern um Beobachtung und um Verständnis, und darin bin ich im Vergleich zu meinen männlichen Kollegen sehr talentiert. Diese Eigenschaften ermöglichen es mir auch mitzuhalten oder sie sogar mit den eigenen Erkenntnissen zu übertreffen und an der Tatsache etwas zu ändern, dass sie schon immer da waren oder etwas schon immer so getan haben.», betont Elena selbstbewusst und zuversichtlich. Gleichzeitig merken wir schnell, die Gemeinschaft und die Zusammenarbeit mit den Menschen vor Ort sind für Elena zentral, egal ob Mann oder Frau.

Die Rolle der Frau in der Landwirtschaft: Eine grundlegende Ressource

Mit Rosmarin statt mit Gift gegen Schädlinge

Elena stammt aus einer Familie von Tafeltraubenproduzenten und studierte in Holland und England, wo sie ihr Studium in Agrarsoziologie und Lebensmittelanthropologie vertiefte. So beschäftigte sie sich schon in ihrem Studium intensiv mit dem Welternährungssystem und alternativen Handelsmodellen und besuchte ebenso Kurse der regenerativen Landwirtschaft. Als Tochter eines Traubenproduzenten war Elena bereits vertraut mit den Problemen, die die industrialisierte und konventionelle Landwirtschaft mit sich bringt. Deshalb ist es nur eine logische Konsequenz, ist die junge Frau eine entschlossene Verfechterin der ökologischen Landwirtschaft, die innovative Anbaumethoden verfolgt und den Boden nur minimal mit Maschinen bearbeitet. So pflanzt sie zum Beispiel auch Rosmarin zwischen ihren Reben und hält mit diesen Massnahmen die Schädlinge von ihren Trauben fern und fördert gleichzeitig die Biodiversität.

«Ich glaube fest daran, dass wir gemeinsam biologische Vielfalt und einen gerechten Lebensmittelmarkt schaffen können!», Elena Cassisi (27) bei ihrem Besuch in Zürich

Lebensmittel ohne Pestizide direkt ab Hof

Simone Häberli

Die leidenschaftliche Gemüsegärtnerin bindet unsere Community aktiv mit ein und liebt es, die richtigen Menschen miteinander zu vernetzen.

2 Kommentare

  1. Veröffentlicht von Magdalena Schatzmann am 6. August 2023 um 7:49

    Danke Crowd Container, danke Elena!
    Ich bin sehr beeindruckt von Elena und ihr Beispiel gibt mir Hoffnung für die Zukunft der Landwirtschaft. Ich denke, dass Frauen die Zukunft der Landwirtschaft mehr und mehr prägen werden. Sie sind top ausgebildet, haben immense Energie und ein wirkliches Gefühl für die Natur. Elena ist das beste Beispiel dafür.
    Ich bin sehr gerne weiterhin Kundin von Crowd Container.

  2. Veröffentlicht von Edith Funicello am 5. August 2023 um 9:10

    Es freut mich zu erfahren, dass es eine junge Generation von gut ausgebildeten Frauen in Italien gibt, die mit viel Energie und aktuellem Know-how eine ökologische Landwirtschaft betreiben. Elena scheint die Voraussetzungen mitzubringen, sich in einer männerdominierten Arbeitswelt bewähren zu können. Ich wünsche ihr viel Freude und Erfolg.
    Solche Berichte von Crowdcontainer schätze ich sehr. Ein herzliches Dankeschön an das Team von Crowdcontainer.

Hinterlasse einen Kommentar