Bottom-up – So entstehen unsere Preise

29. November 2017 | von Tobias Nordmann
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Wie fair sind die Preise von Crowd Container? Gerade weil wir uns an den Produktionskosten und Vorstellungen der KleinproduzentInnen orientieren, ist die Antwort auf diese Frage alles andere als einfach. Jedes Produkt ist anders und die Preisfindung kann zuweilen ziemlich komplex sein. Am Beispiel des Kaffees aus Peru möchte ich unseren Ansatz des sogenannten „Bottom-up Pricings“ genauer erklären.

Als ich das erste Mal im Sommer bei der Kooperative CAFHU in Peru zu Besuch war, habe ich die kleinen Agroforst-Kaffeefelder besucht und viel über den Anbau und die Verarbeitung erfahren. Carmencita und ihre Freunde haben einen klaren Plan, wie sie langfristig hochwertigen und ökologischen Kaffee herstellen wollen. Und sie haben klare Vorstellungen, wie sie ihre Organisation transparenter und demokratischer als andere Kooperativen in der Region gestalten wollen. Doch auf die Frage, welchen Preis sie für den Kaffee benötigen – um auch wirtschaftlich nachhaltig zu arbeiten – waren sie nicht vorbereitet.

Der Weltmarktpreis für Kaffee wird an der Börse in New York festgelegt. Er schwankt je nach Angebot und Nachfrage. Da Kaffee eines der meistgehandelten Güter überhaupt ist, wird damit auch kräftig spekuliert. Das heisst, der heutige Preis bildet immer bereits die Erwartungen für die Zukunft ab, was den Preis insgesamt volatiler macht. Was leider fast immer zutrifft: Der Preis deckt die Produktionskosten der KleinproduzentInnen nur ungenügend. Bei hohen Marktpreisen kommen sie gerade so durch, tiefe Preise verursachen hingegen schwere Krisen in den Kaffeeanbaugebieten. Kein Wunder sucht eine neue Generation ihr Glück fernab der Felder ihrer Eltern und landet dann oft in den Slums der Grossstädte.

Um diese Situation zu verbessern, gibt es Zertifizierungen wie zum Beispiel Fairtrade. Auch die Bio-Zertifizierung erlaubt es den KleinproduzentInnen, ihren Kaffee zu einem etwas höheren Preis zu verkaufen. Ganz abgesehen von den hohen Kosten solcher Zertifizierungen ist jedoch auch der Aufpreis an den Weltmarktpreis gebunden. Zwar gibt es im Fairtrade-System einen Mindestpreis, dieser liegt aber meist noch unter dem Weltmarktpreis. Für Bio- und Fairtrade-zertifizierten Kaffee liegt der Mindestpreis zurzeit bei 4.18 USD pro Kilogramm. Reicht das, damit die KleinbäuerInnen in Peru wirtschaftlich nachhaltig Kaffee anbauen können?

Diese Frage habe ich im letzten Sommer Carmencita, Erick, Manolo und Rogelio von der Kooperative CAFHU gestellt. Dann haben wir mit den Berechnungen angefangen. Wie hoch sind ihre wirklichen Produktionskosten? Aus der Diskussion entstand eine ziemlich komplizierte Tabelle. Wir fingen mit den Kosten der Setzlinge für die Erneuerung der Kaffeesträucher an, die durchschnittlich alle zehn Jahre nötig ist. Danach beschäftigten wir uns mit der Pflege der Felder und der Erntearbeit. Auch auf noch so kleinen Feldern benötigen die ProduzentInnen während der Erntesaison Hilfe. Eine angemessene Bezahlung der ErntearbeiterInnen ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch entscheidend für eine gute Kaffeequalität. Anschliessend berechneten wir die Kosten für die weiteren Arbeitsschritte vom Entfernen des Fruchtfleisches über das Waschen bis zum Trocknen des Kaffees. Die Kooperative kauft den Kaffee als sogenannter Pergamentkaffee den BäuerInnen ab. Danach organisiert die Kooperative das Abschälen der feinen Pergamenthaut, die Qualitätskontrolle, die Logistik und den Transport an den Hafen. Das Endresultat unserer Berechnungen zeigte uns, dass wir der Kooperative mindestens 7.85 USD pro Kilogramm bezahlen müssen, damit sie nachhaltig Kaffee von hoher Qualität produzieren können. Mit einer zusätzlichen Prämie von 0.75 USD pro Kilogramm investieren wir zusätzlich in den Aufbau der jungen Kooperative.

Den Preis haben wir am 18. Oktober 2017 definitiv festgelegt. An diesem Tag lag der Preis 280% über dem Weltmarktpreis und ca. 205% über dem Preis für Bio- und Fairtrade-zertifizierten Kaffee. Diesen Preis haben wir nicht willkürlich als ein Vielfaches des Weltmarktpreises festgelegt, sondern im Rahmen eines wohl überlegten Prozesses in Zusammenarbeit mit den ProduzentInnen. Deshalb nennt sich dieser Ansatz Bottom-up Pricing: ein Preis der „von unten“ Schritt für Schritt hergeleitet wird. Carmencita sagte danach: „So haben wir uns das noch nie überlegt. Aber der Prozess hat uns sehr geholfen, uns unserer Kosten bewusst zu werden. Dies ist sehr wichtig, damit wir als Kooperative unsere Zukunft planen können!“

Ist der Kaffeepreis von Crowd Container also fair? Dies bleibt eine schwierige Frage. Auch mit unserem Preis wird kein/e KleinproduzentIn reich. Bei den Löhnen haben wir uns an existenzsichernden Mindestlöhnen für Peru orientiert. Was wir aber mit Sicherheit sagen können: unser Preis basiert auf lokalen Realitäten. Und es ist ein viel besserer Deal, als der Markt oder irgendeine Zertifizierung den KleinbäuerInnen in Mendoza anbieten könnte.

Quellen Statistiken: https://www.fairtrade.net, http://www.ico.org, eigene Berechnungen

Tobias Nordmann

Als Container Captain segle ich über die Weltmeere und suche nach einzigartigen Zutaten fürs Päckli (ok, wenn's wirklich nicht anders geht, nehme ich auch mal das Flugi). Und wenn ich gerade hier bin, schaue ich, dass eure Päckli rechtzeitig eintreffen. Ahoi, Crowd Container!

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