Widerstand am Tellerrand

21. Februar 2020 | von Daniela Widmer
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Widerstand am Tellerrand

Höchste Zeit für eine sozial-ökologische Wende!

„Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse und entwürdigende Lebensbedingungen sind Normalität – nicht nur in Südspanien, sondern auch in der Schweiz. Die Industrialisierung der Landwirtschaft schreitet voran und die Macht der Supermärkte nimmt weiter zu.“ www.widerstand-am-tellerrand.ch

Schlechte Arbeitsbedingungen und unökologische Produktionsweisen rücken immer mehr ins Zentrum der öffentlichen Debatte um die Landwirtschaft. Vieles läuft schief, und zwar schon lange und das soll laut gesagt sein! Gleichzeitig gibt es bereits zahlreiche Ansätze, die es uns hier in der Schweiz leicht machen, gleich heute unsere Konsumgewohnheiten zu verändern.

Am 8. Februar in Bern hatten wir vom Verein Crowd Container die Gelegenheit, bei einem Workshop unsere unternehmerische Vision und unser Engagement für einen fairen Handel vorzustellen. Wir diskutierten in diesem Zuge das Thema alternativer Produktions- und Handelssysteme mit ganz vielen interessierten Workshop-Besucher*innen. Dabei haben wir überraschend viel Potential für Widerstand in uns selber entdeckt und bedanken uns herzlich für den wertvollen und inspirierenden Austausch!

Gelebte Solidarität mit der Landwirtschaft und aktiver Widerstand gegen die gängigen Strukturen wurden in unserem Workshop von gleich drei Initiativen gleichzeitig vertreten. Entsprechend eng wurde es platzmässig im Raum, dafür aber flogen die Gedanken weit hinaus und inspirierten sich gegenseitig.

Allen drei Initiativen gemein ist die aussergewöhnliche Nähe zur Lebensrealität derjenigen Menschen, die in der Landwirtschaft tätig sind.

„Due braccia in meno alle mafie in Italia per ogni bottiglia di vino venduta a Berna“. Pecore Ribelli

Mit dabei im Workshop war Remigio von Pecore Ribelli. Zusammen mit jungen Menschen bewirtschaftet er in Süditalien ehemaliges Mafia-Land und stärkt die Region mit der Hoffnung auf Legalität und Gerechtigkeit. Gemeinsam trotzen sie der Angst, dass ihnen die Mafia das urbar gemachte, biologisch bewirtschaftete Land in jedem Moment wieder entrissen werden könnte. Die Libera Terra Produkte sind im Berner Breitsch-Träff erhältlich.

„Quello che esce dall’immaginazione umana é realizzabile. Dalla mia usciva il paradiso.“
Thomas Sankara

Hervé ist aus Foggia, Süditalien angereist. Vor einigen Jahren erst ist er aus den Plastik-Ghettos der Landarbeiter*innen entkommen. Hervé ist heute Präsident des Vereins Casa Sankara, ein Netzwerk, das Menschen dabei unterstützt, wieder selbst über ihr Leben zu entscheiden und frei zu leben. Seit 2013 verfügt der Verein vor Ort über ein Haus, wo Menschen aufgenommen werden, die ebenfalls aus den Ghettos geflohen sind. Zum Gebäude gehören auch 20 Hektaren Land, das von Casa Sankara bewirtschaftet wird. Hervé kündigte an, dass bald eigene, überschüssige Produkte in der Region verkauft werden können.

„Für einen wirklich fairen Handel bestellen wir direkt beim Produzenten“
Crowd Container

Und schliesslich erhielten auch wir vom Verein Crowd Container das Wort. Unser Berührungspunkt mit der landwirtschaftlichen Realität ist der angemessenere Preis. Ein Preis, der keine versteckten Risiken beinhaltet, sondern umfassend und transparent beschreibt was es zum Beispiel wahrhaftig kostet, Tomaten auf den sizilianischen Feldern bei Camporeale anzubauen, diese vor Ort zu Passata zu verarbeiten und in der Schweiz zu vertreiben.

Im Zusammenbringen der Beteiligten liegt ein riesiges Potential. Konsument*innen sollen um die wahren Gegebenheiten in der Landwirtschaft wissen, die Realitäten kennen und den Preis bezahlen, der nachhaltige Strukturen ermöglicht.

Wir verändern die Welt, indem wir ganz und gar auf die zerstörerischen Strukturen verzichten lernen und uns stattdessen aus Überzeugung neue Konsumgewohnheiten aneignen. Entsprechend den zahlreichen Gründen dafür, gibt es in der Schweiz auch zahlreiche Alternativen, die es uns ermöglichen, konsequent zu handeln und damit aktiv Widerstand zu leisten.

So war auch die allgemeine Erkenntnis aus den verschiedenen Workshops der Versammlung, dass es zur Umsetzung einer sozialen und ökologischen Landwirtschaft erstens das Wissen um persönliche Rechte und alternative Produktions- und Handelsformen gibt und zweitens dieses Wissen nur erfolgreich verbreitet und umgesetzt werden kann, wenn sich die verschiedenen Beteiligten solidarisieren. Ein Agrarsektor, bei dem Produzent*innen, Konsument*innen und alle anderen involvierten in engem Dialog stehen, ist zukunftsweisend. Schlussendlich wollen wir alle dasselbe: Eine Landwirtschaft, welche mit menschlichen und natürlichen Ressourcen schonend und wertschätzend umgeht, damit dieser Planet auch in Zukunft lebenswert bleibt.

Auf viele weitere Diskussionen zwischen Produzent*in und Konsument*in!

Daniela Widmer

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