Wie ein genussvolles und nachhaltiges Weihnachtsessen gelingt

13. Dezember 2022 | von Johanna Gysin
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Essen mit dem Arbeitsteam, Schlemmen im Familienkreis: Das gehört für viele zur Weihnachtszeit dazu. Dabei werden traditionsgemäss oft fleischlastige Gerichte mit exotischen Zutaten aufgetischt. Ist diese Art von Essen während Weihnachten noch zeitgemäss? Wie können wir mit Traditionen brechen, ohne gleich eine (Familien-)Krise auszulösen? Worauf kann ich bei der Planung eines nachhaltigen Weihnachtsmenüs achten?

Am vierten Food Talk 2022 in Basel moderierte Markus Hurschler den Austausch mit dem Publikum und den zwei Expertinnen aus unterschiedlichen Bereichen: 

  • Kim Maurer, Ernährungsberaterin am Universitätsspital Basel, Mitglied der Vereine Bern Unverpackt und Weltacker Schweiz
  • Noemi Muhr, Politikwissenschaftlerin, Projektmanagerin im Bereich Raum und Mobilität bei ecos

Was ist ein nachhaltiges Weihnachtsessen? Reicht es, nur auf Fleisch zu verzichten? 
Tierische Produkte bieten definitiv den grössten Hebel, um die Klimabilanz des Weihnachtsessens zu verbessern. Wenn man auf Fleisch, Eier und Milchprodukte verzichtet, schlägt sich das positiv auf den Ausstoss von klimaschädlichen Gasen nieder. Aber es muss nicht unbedingt ein totaler Verzicht sein, ein Ansatz kann sein, vegetarische oder vegane Komponenten ins Essen einzubauen. So empfehlen Stimmen aus dem Publikum, neben den Fleischstücken auch Spinat-Tortellini im Fondue Chinoise zu kochen, oder die Lachsbrötchen zum Apero mit einem veganen Lachs (Karotten-Streifen mit etwas Nori-Blättern) zuzubereiten. Oder aber, man kehrt den Spiess um: Fleisch ist Beilage. Eine Besucherin erzählt von ihrem Menü, einem Filet Wellington mit Randen statt Fleisch: «Das Menü ist optisch und geschmacklich so toll, dass Fleisch nur noch zu einer kleinen Beilage wird!» Und wenn es trotzdem Fleisch sein muss, dann dafür weniger, aber hochwertiger, wie zum Beispiel Rindfleisch aus graslandbasierter Haltung oder Fleisch aus anderer Labelproduktion. Oder aber man gönnt sich Wildfleisch aus heimischer Jagd – hier werden weder Proteinfutter eingesetzt, noch gibt es grosse Bedenken hinsichtlich des Tierwohls. 

Neben der Reduktion von tierischen Produkten spielen auch Regionalität und Saisonalität eine positive Rolle: Werden Produkte aus der Region verwendet, fallen Transportkosten weg, durch saisonale Komponenten kann die Beheizung von Gewächshäusern vermieden werden. Ein weiterer positiver Effekt der regionalen Produktion: Wertschöpfung und Arbeitsstellen bleiben in der Region. Wird direkt von Produzentinnen und Produzenten bezogen, kann ein fairer Preis für die Arbeit bezahlt werden. 

Muss ein Weihnachtsessen nachhaltig sein? 
Die Expertinnen finden: ein Weihnachtsessen darf auch einfach genussvoll und gemütlich sein, schliesslich ist es ein Essen mit stark verankerten Traditionen. Dennoch: Essen hat viel mit Kommunikation zu tun. Gerade das Weihnachtsessen bietet eine Plattform, um der Verwandtschaft neue Ideen mitzugeben, einen Denkanstoss zu geben. Warum nicht einmal etwas Neues probieren? Ein veganes Tatar zum Apero? Gemüse-Stückchen fürs Fondue Chinoise? 

Kim Maurer hat dazu einen Tipp: die Akzeptanz solcher Gerichte kann erhöht werden, wenn auf eine Schubladisierung verzichtet wird. Anstatt Gerichte mit dem Hinweis «vegan» zu servieren, kann ein tolles Gericht einfach «normal» serviert werden, ohne grosse Erklärungen. So werden keine Abwehrreaktionen ausgelöst, denn für viele ist eine vegane Ernährungsweise immer noch stigmatisiert und ein rotes Tuch. Auch aus dem Publikum werden solche Erfahrungen geteilt: gibt es an einem Firmenessen oder in der Kantine ohne Ankündigung ein leckeres, vegetarisches oder veganes Essen, dann schätzen die Gäste das gute Essen. Kündet man «vegan» oder «vegetarisch» an, kann man sicher sein, dass es dazu Kommentare gibt. 

Weniger ist mehr
Egal ob mit oder ohne Fleisch: Bei Weihnachtsessen herrscht oftmals Überfluss und das kann zu Food Waste führen. Auch hier kann angesetzt werden, mit einer guten Planung können Abfälle reduziert werden. Fallen trotzdem Resten an, so können diese gut aufbewahrt werden oder die Gäste erhalten zum Abschied ein Tupperware mit Resten für die nächsten Tage. 

Nicht nur beim Essen herrscht Überfluss: Oftmals werden an Weihnachten wahre «Geschenkberge» ausgetauscht, was zu viel Abfall führen kann. «Weniger aber hochwertiger» ist auch hier ein wertvoller Tipp. Oder man wird selber aktiv: warum nicht etwas selber backen oder herstellen? Damit schenkt man jemanden einen Teil seiner Zeit und das Geschenk ist einmalig. Ausserdem kann man so ganz genau steuern, was man für ein Produkt verwendet. 

Natürlich kann man auch das Gespräch suchen und sich darauf einigen, keine Geschenke zu geben. In gewissen Familien ist das schwierig, so auch bei Noemi Muhr. In ihrer Familie wird darum gewichtelt: das Losglück entscheidet, wen man beschenkt. So bleibt das gegenseitige Beschenken in der Familie erhalten, jeder erhält aber nur ein Geschenk. 

Weihnachten bietet also viele Möglichkeiten, um Schritte zu einer nachhaltigeren Lebensweise zu machen. Und dies, ohne auf Genuss und Freude zu verzichten.


Der FoodTalk wird gemeinsam organisiert von Crowd Container, dem Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung, der Genossenschaft Lebensmittel Netzwerk Basel – «Feld zu Tisch», «Genuss aus Stadt und Land», der IG Ernährungsforum, dem Impact Hub Basel, der Markthalle Basel, Slow Food Basel sowie dem Zero Waste Innovation Lab.


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Johanna Gysin

Johanna leitet das Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE) «Genuss aus Stadt und Land» zur Förderung von Produktion, Verarbeitung und Vermarktung von Regionalprodukten in der Region Baselland, Basel-Stadt, Fricktal und Schwarzbubenland.

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