Valdibella – l’ombelico del mondo?!

Nach über fünf Jahren bei Crowd Container, in denen ich als Mitarbeiterin Kundenglück mit an Bord bin, besuchte ich im Oktober 2024 das erste Mal unsere Partnerkooperative Valdibella im sizilianischen Camporeale. Das direkte Zusammentreffen mit den Menschen bei Valdibella (diejenigen, die eben tatsächlich auch den Boden beackern, die Früchte ernten und verarbeiten, die wir dann verkaufen dürfen) hat mir nochmals grosse Bestätigung und viel zusätzliche Motivation für meine tägliche Arbeit für die Handelsrevolution gegeben.
Auf «Genussreise»
Als Begleiterin unserer «Genussreise» erhalte ich zusammen mit unseren Gästen einen mehrtägigen Einblick in die Arbeit unserer Partnerkooperative Valdibella. Es geht darum, die Brücke zwischen Produzent*innen und Konsument*innen zu stärken und das Verständnis für die Arbeit auf dem Feld zu vertiefen. Natürlich sind die drei Tage auch geprägt von sizilianischer Gastfreundschaft und reich gedeckten Tavolate voller italienischem «Soulfood», zubereitet mit den Produkten der Kooperative.
In Empfang genommen werden wir am Montagmorgen in Palermo von Walter, dem «Hansdampf» von Valdibella, der gefühlt viele Fäden in der Hand hat, überall Bescheid weiss, ein Knotenpunkt der Kommunikation ist und während unseres Besuches immer alles gibt, damit wir Gäste einen angenehmen Aufenthalt und ein spannendes Programm haben. Er ist in den ersten beiden Tagen unser Reiseleiter, erzählt uns die Gründungsgeschichte von Valdibella und zeigt uns alle wichtigen Orte. Natürlich bleibt auch viel Zeit für zwischenmenschlichen Austausch, etwa am ersten gemeinsamen Mittagessen in der Casa Gialla, wo wir untergebracht sind, und wo uns Anna mit einem liebevoll zubereiteten Essen begrüsst.
Besuch bei NoE im Food Forest
Walter begleitet uns auch nach Partinico zur Cooperativa Sociale NoE (No Emarginazione), wo der von uns mitinitiierte Food Forest realisiert wird. Hier lernen wir Carla, die Seele von NoE, und Rafael, Ökologe an der Uni Palermo, der die Entwicklung des Agroforstprojekts wissenschaftlich begleitet, kennen. Es wird eine sehr erkenntnisreiche Führung durch das vielfältige Gelände. Gaspare, ein langjähriger Mitarbeiter von NoE, sorgt per Lautsprecherbox für die musikalische Begleitung (klassische Musik oder alte italienische Canzoni). Wer weiss, vielleicht wachsen die Pflanzen sogar noch besser so? Für einen guten Schwung bei der Arbeit hilft die Musik sicher. Und nein: Bei der schönen Spirale am Boden handelt es sich nicht wie von mir vermutet um ein Kunstprojekt, sondern hier läuft ein Experiment, den Boden mit anderweitig nicht verwertbarer Schafswolle zu mulchen, also zu schützen und zu nähren.

Oliven ernten und mahlen
Nach einem geselligen Mittagessen unter dem grossen Maulbeerbaum – am Tisch wird italienisch, englisch, etwas deutsch, natürlich auch schweizerdeutsch und wenn nötig mit Händen und Füssen gesprochen – gilt es für uns Gäste bei der Olivenernte anzupacken. Mir war gar nicht bewusst, wie viel diese Arbeit mit dem täglichen Bürsten der Haare gemein hat: Der Olivenbaum wird ja praktisch ausgekämmt…

Im Anschluss fährt uns Walter zu einer der beiden Ölmühlen, mit denen Valdibella kooperiert: Wir haben das Glück, dass sogar der Besitzer, Stefano Gallo, vor Ort ist. Wir stellen viele Fragen, staunen über die Geschwindigkeit, mit der aus den eben erst geernteten Oliven das «grüne Gold» gewonnen wird, probieren natürlich auch einen Schluck Olio Extra Vergine d’Oliva voller gesunder, bitterer Polyphenole, die ja – je länger das Öl stehen bleibt – abnehmen, so dass das Olivenöl vielleicht für Kindergaumen bekömmlicher wird. Ein reicher Tag voller Eindrücke geht zu Ende.
Valdibella – Tal der Schönheit
Am Mittwochmorgen haben wir die Ehre, dass uns Massimiliano Solano, einer der Gründer der Kooperative, persönlich in Empfang nimmt. Er fährt uns zu seinem Hof in der Nähe von Camporeale, den er zusammen mit seinen Geschwistern geerbt hat. Auf den Timiliafeldern wird gerade Klee angebaut: Neben den Leguminosen (wie Linsen und Kichererbsen), eine zweite Zwischenfrucht, um den Boden auf natürliche Weise mit Stickstoff zu versorgen. Neben dem immer wieder diskutierten Thema der Wasserknappheit erklärt uns Massimiliano, welche Massnahmen die Kooperative trifft, um Brände zu verhindern. Die Arbeit von Valdibella beeindruckt uns sehr – in ihrer Tiefe, wie auch im Weitblick, mit dem die Menschen hier die Sache angehen. Zum Abschluss sehen wir sogar das kleine, fruchtbare «Valdibella», also frei übersetzt «Tal der Schönheit», das gleich unterhalb von Camporeale liegt und namensgebend für die Kooperative ist.

Tavolata
Zurück in der Casa Gialla hat uns Anna eine wunderbar üppige Tavolata gezaubert, wir sind 16 Menschen am langen Tisch, es wird gelacht und angestossen. Ich sitze neben Duncan, dem Rezeptentwickler bei Valdibella und freue mich zu hören, dass es Aussicht gibt auf eine Kreation mit Auberginen. Wir lernen, dass Memorii nicht einfach ein Spiel mit Kärtchen ist, sondern ein sehr feiner, süsslicher Weisswein, der auch bei Valdibella traditionell nach dem «Perpetuum-Prinzip» im Eichenfass gekeltert wird: Jedes Jahr werden 1000 Liter aus dem 5000l-Fass entnommen und abgefüllt; 1000 Liter frischer Wein werden nachgefüllt. Memorii halt.

L’ombelico del mondo: organisch und herzhaft
Wenn ich zwei Stichworte nennen müsste für meinen Besuch bei unseren Freund*innen in Sizilien wären dies organisch und herzhaft. Organisch nicht nur der Anbau, sondern auch die Organisation (immer rund, aber auch spontan, flexibel und fähig, auf kurzfristige Wünsche der Gäste einzugehen). Herzhaft. Hierzu muss ich nicht mehr schreiben als: Menschen und Essen.
Innerlich begleitet mich auf dieser Reise der Hit von Jovanotti und ich frage mich, ob Valdibella vielleicht der Bauchnabel der Welt ist, so viele Menschen unterschiedlicher Herkunft, die sich hier für Arbeit und Austausch treffen: Sizilien, Italien, Russland, Brasilien, Kenia; zu Besuch die Schweiz (Appenzell und Emmental) und Thailand/China… Könnten dann die von Tierra y Libertad bepflanzten andalusischen Böden das Herz, die Waldgärten Keralas die Seele, die Äcker in der Schweiz die Füsse und die Agroforstgärten in Peru unsere Wurzeln sein? Wenn dieses Bild eines vernetzten Organismus nicht für die Welt passt, so doch vielleicht für Crowd Container sowie alle, die bei uns mitsegeln und damit daran beteiligt sind, die Vision eines zukunftsfähigen Lebensmittelhandels zu realisieren.
…allora, Sabine, tu sei la poetessa che hai la sensibilità di vedere e sai usare le giuste parole per raccontare
Massimiliano, grazie mille per “questi fiori”! Aspetto già con ansia la prossima occasione in cui potrò tornare a visitare Valdbella o quando qualcuno di voi verrà a trovarci in Svizzera per rafforzare il nostro ponte di collegamento.