Wildbienen lieben Haselnüsse
Mehr Biodiversität dank Schweizer Haselnüssen. Das ist unser Anspruch seit wir mit Stefan Gerber, Landwirt und Biologe aus Mettmenstetten ZH, zusammenarbeiten. Wie viele und welche Pflanzen- und Tierarten sich in unserer Haselnussanlage besonders wohl fühlen, hat das Forschungs- und Planungsunternehmen Ö+L Ökologie und Landschaft 2023 für uns gemessen. Gegenübergestellt wurden diese Ergebnisse zwei vergleichbaren Obst- und Beerenbetrieben in der Region. Die Haselnussplantage schneidet hinsichtlich Anzahl Arten und Individuen von Wildbienen klar am besten ab. Wird die Artenvielfalt der Pflanzen betrachtet, zeigt sich auf den ersten Blick ein differenziertes Bild. Wir haben genauer hingeschaut.
Die Haselnussanlage im Vergleich mit einem Obst- und einem Beerenbetrieb
Die Anzahl an Wildbienen, Heuschrecken, Tagfaltern und Pflanzen in der Haselnussplantage in Mettemenstetten ZH wurden zwei Vergleichskulturen in der Nähe (Zufikon AG) gegenübergestellt: einer Bio-Aroniaplantage und einer IP-Niederstammobstplantage. Die verglichenen Flächen sind ähnlich hinsichtlich klimatischer und geografischer Bedingungen und Wuchshöhe der Kulturen. Unterschiede gibt es in der Grösse der Flächen sowie dem Alter: Die Haselnussplantage wurde 2021 angelegt, die Vergleichsflächen sind deutlich älter.
Wildbienen fühlen sich unter Haselnussbäumen sehr wohl
Während die Resultate für Heuschrecken und Tagfalter relativ ähnlich sind, zeigen sich bei den Wildbienen klar die grössten Unterschiede: Die Haselnussplantage wies eine deutlich höhere Artenvielfalt von Wildbienen auf als die Vergleichsflächen. Auch die Anzahl Individuen von Wildbienen war in der Haselnussplantage rund fünfmal höher. Alle in der Untersuchung identifizierten Wildbienenarten gehören zu den Furchenbienen (Gattungen Halictus und Lasioglossum), welche ihre Nester vorwiegend im Boden anlegen. Es wurden keine seltenen oder gefährdeten Arten festgestellt.
Zur Erfassung der Wildbienen wurden Becherfallen verwendet. Die Heuschrecken wurden anhand ihres Gesangs bestimmt und auch durch Einfangen mit einem Fangnetz oder von Hand visuell erfasst. Die Tagfalter wurden bei der Begehung der jeweiligen Anlage visuell gezählt und bestimmt.
Verschiedene Pflanzenarten bei den jeweiligen Kulturen
Ein differenziertes Bild zeigt sich bei der Artenvielfalt der Pflanzen zwischen den Plantagen: Die Zahl an Pflanzenarten innerhalb der Haselnussplantage ist zwar am geringsten, allerdings haben wir in Mettmenstetten sogenannte Biodiversitätsförderflächen (BFF) angelegt. Auf den Vergleichsbetrieben gibt es keine solchen Flächen in dieser Form. Werden die auf den Biodiversitätsförderflächen gezählten Arten in die Rechnung einbezogen, ist die Artenvielfalt der Pflanzen in der Haselnussplantage höher als bei den beiden Vergleichsflächen.
Blick in die Zukunft
Stefan Gerbers Haselnusskultur scheint geradezu prädestiniert, um Produktion und Biodiversitätsförderung zu verbinden und in Einklang zu bringen: Die Kultur wird nicht mit Pestiziden behandelt, sie hat einen relativ geringen Nährstoffbedarf und zwischen den Reihen besteht viel Platz für eine reiche Flora und Fauna. Zudem bilden die Haselstauden selber bereits wertvolle Strukturen, die von vielen Tierarten genutzt werden können, sofern auch zwischen den Reihen günstige Lebensbedingungen vorhanden sind.
Trotzdem: Wir hatten uns ehrlicherweise erhofft, dass unsere Massnahmen zur Förderung der Biodiversität schon jetzt besser greifen. Was wir, respektive die Tier- und Pflanzenarten jetzt brauchen, ist vor allem eines – Zeit. So ist zu erwarten, dass sich der positive Effekt unserer Biodiversitätsförderflächen in den kommenden Jahren noch vergrössern wird. Gleichzeitig gibt es einige Massnahmen, die wir umsetzen werden. Beispielsweise etablieren wir noch mehr Strukturen für weitere Tierarten wie z.B. Wieselburgen.
Ein durchgehendes Blütenangebot und Rückzugsflächen für Insekten sind elementar. Um diese zu gewährleisten, haben wir innerhalb der Plantage die Nützlingsstreifen in den sogenannten Fahrgassen – den Gassen zwischen den Bäumen – neu angelegt. Im ersten Jahr werden vorerst Hirsen und Gräser auflaufen, die dann in den Folgejahren durch eine Vielfalt an Blühpflanzen ersetzt werden. Ausserdem wird Stefan Gerber alternierend Mähen und Mulchen, sprich die Fahrgassen in der Plantage nicht mehr gleichzeitig mähen.
Auch offene Bodenstellen wird es ab 2024 in der Haselnussplantage geben. Dadurch versuchen wir, weitere Bienen- und Käferarten sowie den in der Schweiz vom Aussterben bedrohten und vor wenigen Jahren hier noch brütenden Gartenrotschwanz anzusiedeln.
Der gesamte Bericht steht hier zum Download bereit.
Schon gewusst?
Die Biodiversität umfasst drei Aspekte: Ökosystem- und Artenvielfalt sowie genetische Vielfalt. Die Artenvielfalt beschreibt, wie viele Pflanzen- und Tierarten sich auf einer Fläche befinden, die Vielfalt innerhalb der Arten ist die genetische Vielfalt und die Vielfalt an Lebensräumen und Ökosystemen wird von der Ökosystemvielfalt abgedeckt. Die oben erwähnte Untersuchung mit Ö&L hat sich in erster Linie auf die Artenvielfalt fokussiert. Mithilfe des Haselnusssortengartens, den wir gemeinsam mit Stefan Gerber angelegt haben und der mittlerweile 65 verschiedene Sorten umfasst, leisten wir aber einen Beitrag zur genetischen Vielfalt der Haselnuss. Dort beobachten wir, welche Sorten sich besonders gut für einen Anbau im Schweizer Klima eignen. Mehr Ökosystemvielfalt erreichen wir in der Schweiz langfristig nur, wenn z.B. weitere Landwirt*innen den Haselnussanbau als Ergänzung für eine vielfältigen Anbau für sich entdecken. Wir stehen darum im Austausch mit verschiedenen Bäuerinnen und Bauern und publizieren unsere Ergebnisse, um dies zu erreichen.