Crowdfarming – Was steckt hinter dieser revolutionären Lebensmittelversorgungskette?

Crowdfarming ist ein neuer, transparenter und nachhaltiger Weg, Lebensmittel zu beziehen. Erfahre in diesem ultimativen Leitfaden alles Wissenswerte.
Überall auf der Welt kämpfen die Landwirte mit Preisdumping durch den Großhandel, mit strengen Normen und geringer Planungssicherheit.
Der Spielraum für kreatives Arbeiten ist begrenzt – Quantität statt Qualität ist die Regel. Wenn du von diesen Zuständen genug hast und dir mehr Freiheit bei Sortenwahl, Anbaumethoden und Preisgestaltung wünschst, könntest du mit Crowdfarming gut beraten sein.
Warum ist Crowdfarming so bedeutsam?
Ernährung ist zur Hauptursache für Tod und Krankheit in der Welt geworden, und sie betrifft beide Enden der Skala: Laut eines UN-Reports sind 820 Millionen Menschen unterernährt, während 1,9 Milliarden Erwachsene übergewichtig sind.
Viele suchen in der Agrartechnologie nach Lösungen. Was kann Crowdfarming also bewirken?

Druck auf die Agrar- und Lebensmittelindustrie
Die Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie stehen vor drei zentralen Herausforderungen für die Zukunft: Demografie und Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Verknappung der natürlichen Ressourcen:
Die Weltbevölkerung ist von drei Milliarden im Jahr 1958 auf heute 7,7 Milliarden gestiegen. Bis 2050 werden es voraussichtlich 9,7 Milliarden sein, und es ist davon auszugehen, dass wesentlich mehr Nahrungsmittel produziert werden müssen, um den Gesamtbedarf zu decken.

Bereits jetzt werden 50 % der weltweit bewachsenen Fläche landwirtschaftlich genutzt, und einfach nur mehr Land zu nutzen, ist keine Lösung.
Nimmt man noch die spezifischen Probleme in der Agrar- und Ernährungswirtschaft hinzu, die sich aus den ungleichen Rohstoffpreisen, dem Informationszugang, Finanzmitteln und Märkten ergeben, wird deutlich, dass die Schaffung einer nachhaltigeren Lebensmittelversorgungskette von entscheidender Bedeutung ist.
Neue Wirtschaftsmodelle im Vormarsch
Da die meisten Finanzierungen für die Landwirtschaft von der Politik oder den Banken gesteuert werden, kann es für kleinere Landwirtschaftsbetriebe, besonders in Entwicklungsländern, schwierig sein, an Kapital zur Existenzgrundlage gelangen.
In den letzten Jahren haben Start-ups versucht, diese Lücke zu schliessen, indem sie digitale Plattformen geschaffen haben, die Produzent*innen Zugang zu Crowd-Investing-Kapital verschaffen und es gleichzeitig den Verbraucher*innen ermöglichen, direkt bei Landwirt*innen beziehungsweise Lieferant*innen zu kaufen.
Im Jahr 2021 wurden in der Schweiz über 800 Millionen CHF mittels Crowdfunding-Plattformen investiert. Dies ermöglicht es, Kapital von einer Vielzahl von Anlegenden zu beschaffen, oft mit eingebauten Gewinnbeteiligungsmodellen. Solche Plattformen ermöglichen es den Produzent*innen, dort zu gedeihen, wo sie zuvor Schwierigkeiten hatten.
Einige Plattformen ermöglichen den Zugang zu Maschinen und Gütern, während Peer-to-Peer-Plattformen den Wissensaustausch ermöglichen und Lebensmittelmarktplätze wie Crowd Container den Direktverkauf an Verbraucher*innen ermöglichen.

Die steigende Nachfrage nach lokalen, saisonalen und ethisch einwandfrei erzeugten Produkten hat sich mit den Bedürfnissen der Landwirt*innen nach Zugang zu Kapital und der Aushandlung fairer Preise vermischt, was zu einem Boom bei Crowdfarming-Initiativen geführt hat.
Was ist Crowdfarming?
Crowdfarming bedeutet frei übersetzt «Schwarm-Landwirtschaft» und beschreibt das Bestreben, mehr Macht in die Hände der Landwirt*innen zurückzugeben.
Moderne Online-Plattformen stellen eine Direktverbindung zwischen Kund*innen und Produzent*innen, ohne Spekulant*innen her und ermöglichen es Bauernhöfen, einen Baum, einen Feldanteil oder einen Tieranteil von Verbrauchern übernehmen zu lassen.
Du zahlst also im Grunde einen vom Betrieb geregelten Preis und erhältst dafür einen Teil der Baumernte, des tierischen Produkts oder der Früchte von «deinem» Feld.
Ziel ist es, eine absolut transparente und direkte Beziehung zwischen Erzeugern und Verbrauchern zu schaffen.
Damit wird nicht nur niedrigen Preisen und einer mangelnden Würdigung der landwirtschaftlichen Arbeit entgegengewirkt, sondern auch Lebensmittelverschwendung und Überproduktion vermieden, da nur produziert und geerntet wird, was für den Anbau vorfinanziert wurde.

Für wen ist das von Vorteil?
Beim Crowdfarming entsteht ein Handel, der für alle Beteiligten einen Gewinn darstellt: für die Produzent*innen, die Natur und für dich.
Wie profitierten die Produzent*innen?
Crowdfarming ist besonders für Erzeugende geeignet, die vom direkten Austausch mit den Kund*innen profitieren möchten. Die Offenlegung von nachhaltigen Anbauformen ist ein starkes Kaufargument für die Crowd, und viel sympathischer und glaubwürdiger als die Labels im Supermarkt. Belohnt werden sie durch den Direkthandel mit gerechter Bezahlung und fairen Arbeitsbedingungen.
Statt einer teuren Bio- oder Fair-Trade-Zertifizierung sollte es der Community bzw. der Crowd jederzeit möglich sein, die Betriebspraktiken der Produzent*innen durch Fragen zu durchleuchten. Ein gutes Beispiel dafür liefert Crowd Container mit ihrem Format «WAS WOTSCH WÜSSE». Die jeweilige Crowdfarming-Plattform verlangt lediglich den Nachweis, dass keine synthetischen Pestizide oder Herbizide verwendet werden, was durch Qualitätssicherung, ständigen Dialog und spontane, persönliche Besuche auf den Farmen sichergestellt wird.
Abgesehen von einem gesunden Umweltbewusstsein sind zudem ethisch korrekte Massstäbe in der Betriebsführung Voraussetzung.

Wie profitieren die Verbraucher*innen?
Das Gesamtkonzept beruht auf Transparenz und Offenheit gegenüber den Kund*innen – viele Crowdfarming-Plattformen stehen sogar im persönlichen Kontakt in Form von Communities.
Die Kund*innen bezahlen kostendeckende Preise und werden im Gegenzug mit unbehandelten und minimal verarbeiteten Produkten verwöhnt, die besonders intensiv schmecken.
Ausserdem weisst du als Abnehmer*in genau, wo deine Lebensmittel herkommen und wie sie hergestellt werden und kannst diese Farmen nach Absprache auch besuchen.
Wie profitiert die Natur?
Crowdfarming-Plattformen wie z.B. Crowd Container unterstützt eine vielfältige, regenerative und klimafreundliche Landwirtschaft. Mit Permakultur, Agroforst und geschlossenen Hofkreisläufen werden wichtige Massnahmen für den Klimaschutz getroffen und viel zum Erhalt der Biodiversität beigetragen.
Die Transportwege werden in der Regel nicht per Flugzeug zurückgelegt, sondern durch Sammelbestellungen wird containerweise auf dem See- oder Landweg verschickt – wobei immer die klimafreundlichste und emissionsärmste Option gewählt wird.
Crowdfarming gibt der Umwelt die Zeit, die sie braucht – es wird erst dann geerntet, wenn die Natur dazu bereit ist und nicht, wenn die Abnehmer*innen es so wollen.




Wie funktioniert das genau?
Ein Crowdfarming-Unternehmen bietet den Erzeuger*innen mithilfe ihrer Plattform einen Rundum-Service zum Anbieten und Verkaufen von Produkten, eine Logistik für den Transport der Container und Pakete, einen Kundenservice und Instrumente zur Verkaufsförderung.
Um am Crowdfarming als Verbraucher*in teilzunehmen, greifst du über eine Website oder eine App auf die Plattform zu, wählst die Ware aus, die dich interessiert, und gibst die Menge an, die du erhalten möchtest.
Die Online-Plattformen sind übersichtlich gestaltet und zeigen dir als Kund*in auf einen Blick, welche Lebensmittel du im Voraus bestellen kannst und wann der zu erwartende Liefertermin sein wird.
Zudem wird dir in einer übersichtlichen Aufstellung das Preismodell der jeweiligen Ware detailliert aufgezeigt, sodass du auf einen Blick siehst, wer wie viel verdient – absolute Transparenz garantiert.
Im Anschluss kannst du als Kund*in die Entwicklung stets durch einen regelmässigen Informationsaustausch verfolgen, was die Beziehung zwischen dir und dem Erzeugenden stärkt und festigt, denn das Crowdfarming-Konzept lebt von Transparenz, Offenheit und Kommunikation.
Wenn dann letztendlich die Ernte- bzw. Produktionssaison beginnt, wird die Ware direkt an deine Haustür geliefert oder kann abgeholt werden
Hauptakteure des Crowdfarmings
Crowdcontainer.ch
Crowd Container ist ein Schweizer Start-Up, die neben dem Crowdfarming auch das Crowd-Ordering organisiert: So werden Sammelbestellungen für nachhaltige und regenerative Lebensmittel aus drei Kontinenten, ob frisch oder zum Endprodukt verarbeitet, verschickt.

Die bestellten Mengen können vom Endverbrauchenden bestimmt werden und kommen in Containern auf dem emissionsärmsten Weg in die Schweiz. Verpackt werden die Produkte in Dispoboxen mit wenig Polstermaterial, so dass auch hier die Klimafreundlichkeit gesichert wird.
Dies ermöglicht dir, dass du die geschmacksintensive Gewürze, Kokosprodukte und Nüsse direkt aus Waldgärten in Indien beziehst oder edlen Kaffee für das gesamte Büroteam aus dem Regenwald geniessen kannst.
Daneben wird auch lokales Crowdfarming in der Schweiz betrieben, so dass du Produkte direkt von Schweizer Höfen bestellen kannst.
Das Sortiment stammt aus einer Kreislauf-Landwirtschaft, die klimafreundlich und ressourcenschonend die Arten- und Sortenvielfalt fördert, auf Pestizide verzichtet und alles biologisch oder biodynamisch produziert.
Crowdfarming.com
Das ursprüngliche Crowdfarming-Konzept geht auf ein über Crowdfunding finanziertes IndieGoGo-Projekt zurück, das in Spanien von zwei Orangenbauern aus Valencia von der Farm Naranjas del Carmen ins Leben gerufen wurde.

Nach einigen lokalen Erfolgen starteten sie Crowdfarming.com, um den Direktvertriebskanal mit mehr Landwirt*innen zu teilen. Ziel ist es, die Lebensmittelversorgungskette zu vereinfachen und sowohl Landwirte als auch Verbraucher zu stärken.
Im Gegensatz zu Crowd Container werden bei dieser Plattform jedoch die Waren eher in grossen Mengen verkauft und Sammelbestellungen sind nicht möglich.
Zudem unterstützt Crowdfarming.com fast ausschliesslich europäische Produzent*innen, sodass die Auswahl auf regionalere Produkte beschränkt ist.
Nachteile für die Verbraucher*innen
Crowdfarming Kritik sollte geübt werden, da selbstverständlich auch die Dinge angesprochen werden müssen, die zu deinem Nachteil entstehen, jedoch absolut nachvollziehbar sind, wenn du dir das Konzept verinnerlichst.
Wenn du an einem Crowdfarming-Projekt teilnimmst, musst du dich auf wenig Flexibilität bei der Lieferung einstellen. Liefertermine können nicht beeinflusst werden, da die Natur und Umweltbedingungen vor Ort sie bestimmen und vom jeweiligen Produkt abhängen.
Du solltest zudem bereit sein bei Bestellung stets in Vorkasse gehen zu können, da dies zum Prinzip des Crowdfarmings gehört.
Die Versandkosten machen einen nicht unerheblichen Posten aus und müssen von dir als Endverbraucher*in getragen werden – was auch zu einem transparenten Handel beiträgt.
Ein Blick in die Zukunft
Die direkte Zusammenarbeit zwischen Produzent*innen und Verbraucher*innen schafft ein Modell, das es uns ermöglichen könnte, das Lebensmittelsystem grundlegend umzugestalten.
Obwohl das Skalieren eine Herausforderung bleibt, könnte Crowdfarming eine entscheidende Rolle bei der Schaffung gesunder, vielfältiger und freudiger zukünftiger Lebensmittelgemeinschaften und Arbeitsplätze spielen.
Die digitalen Plattformen wirken sich nicht nur auf die Gesamtlogistik der Versorgungskette aus, indem sie Zwischenhändler ausschaltet, sondern erhöht auch die Zahl gut informierter Verbraucher*innen. Diese haben einen fairen Zugang zu gesunden und lokalen Lebensmitteln und bleiben gleichzeitig mit der Produktion, der Verarbeitung, dem Vertrieb und den Phasen nach dem Verzehr der Lebensmittel verbunden. Darüber hinaus wird der Markt mit aussagekräftigeren Erkenntnissen über den Verbrauch ausgestattet, was die Rentabilität verbessert und damit möglicherweise die Lebensmittelverschwendung verringern kann.
Klasse statt Masse
Beim Crowdfarming wird nicht für eine anonyme Masse von Abnehmer*innen produziert, sondern für Personen, die sich im Vorhinein dazu entschlossen haben, gute Farmarbeit zu einem fairen und gerechtfertigten Preis zu fördern. Landwirt*innen bekommen mehr Planungssicherheit, haben reduzierte Aufwands- und Vertriebskosten und somit mehr finanzielle Mittel zur Verfügung. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, sich intensiver mit Pflege, Anbaumethoden und Sorten zu beschäftigen – zum Wohle der Produktqualität, ihrer eigenen Lebensbedingungen und natürlich deiner Kundenzufriedenheit.
Der Kauf von Lebensmitteln über Crowdfarming-Plattformen wie Crowd Container ist die wirksamste alltägliche Massnahme, die du ergreifen kannst, um eine positive soziale und ökologische Wirkung zu erzielen.
Sind die Produkte fairtrade? Das wäre eine gute Wirksamkeit für die Bauern
Liebe Dodo. Ja, unsere Produkte werden gerecht gehandelt: Die Produzent*innen bestimmen, welchen Preis sie brauchen, damit ihre wertvolle Arbeit langfristig kostendeckend ist. Das nennt sich „Bottom-up Pricing“ und ist genau genommen eben „mehr als Fairtrade“. Hier findest du einen ausführlichen Blog-Artikel dazu. Liebe Grüsse, Sabine